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Lernsystem Laising - Leichtes Lernen durch Lernen wie man lernt

Aktualisiert: 12. Jan. 2021


Laising ist eine Methode, um natürliches Lernen zu ermöglichen. Laising gibt es in Kärnten seit 2006, seit 2008 in österreichischen Regelschulen, um natürliches Lernen in die Regel-Schulen zu bringen und eine Alternative zur heute praktizierten Wissensvermittlung zu bieten. (1)


Laising ist ein offenes Lernsystem, das sich ausschließlich dem Lernen widmet und sich in alle Rahmen einpassen läßt. Anders als bei Mikhail Schetinin und seiner Tekos-Schule gibt es keine kulturellen Vorgaben oder einen spirituellen Rahmen wie in der Weinbergschule. Ausgehend davon, kann man Laising also in jedem Rahmen vorfinden. Bei Laising ist es also wichtig, ob mir das Lernsystem zusagt UND der von der jeweiligen Schule vorgegebene Rahmen.

Mikhail Schetinin und die Tekos-Schule haben uns zwei Dinge geschenkt. Sie haben uns im Jahr 2013, als wir auf die Schetinin Schule gestoßen sind, gezeigt, dass es auch bei uns möglich ist, eine „Schule“ im „natürlichen Sinne“ zu betreiben.


Und das zweite Geschenk war die „Schaubildarbeit“ für über zehnjährige Kinder. Unsere „Strukturbildarbeit“, welche ich im Jahr 2006 entwickelt habe, war auf Jugendliche in der Oberstufe und Erwachsene ausgerichtet. Erst durch die Schaubildarbeit von Schetinin war aber auf einmal klar, dass jede Altersstufe auf eigene Weise „natürlich lernt“. Aus dem Zusammenfügen der beiden Pionierarbeiten ist dann die vierteilige Schaubildarbeit entstanden, welche wir heute in den Lais-Lerngruppen verwenden.


Die russisch kulturellen Aspekte der Schetininschule konnten wir natürlich nicht übernehmen.

Sehr wohl haben wir aber sehr viel daraus gelernt und genau erforscht, warum in der Schetinin-Schule die Dinge so gemacht werden, wie sie eben gemacht werden. Und so wurde mir ganz klar, dass Laising sich rein auf die natürlichen Bedürfnisse ausrichten sollte, einfach damit Laising überall verwendet werden kann, egal in welcher Region der Welt.“

<Dieter Graf-Neureiter>

Laising orientiert sich an den beiden wichtigen Formen des mensch-immanenten Lernens: dem Natürlichen und dem Nativen Lernen. Der Name Lais bzw. Laising geht auf das Gotische zurück, wobei Lais „ich weiß“, bzw. „ich habe nachgespürt“ oder “eine Spur verfolgen” bedeutet und damit die Wurzel des Wortes Lernen bildet.


  • Gut zu beobachten ist die Form des „Natürlichen Lernens“ bei Kleinkindern, welche durch ständiges Ausprobieren in ihrer natürlichen Umwelt lernen und das Erlernte auch begeistert weitergeben. Forschungen an Primaten zeigen zudem, dass das gemeinschaftliche Lernen und Weitergeben ein wichtiger Schritt zum Erfolg des Menschen als Spezies war.

  • Die zweite Form, das „Native Lernen“, ist das Lernen von Mensch zu Mensch, am Besten durch Meister, Experten und "Native". Rudimentär bereits in der ersten Form angelegt, kommt es beim Lernen durch unmittelbares Lernen von Vorbildern zum vollen Ausdruck.


In der Praxis bedeutet Laising Unterricht in kleinen Lerngruppen von 6-8 Schülern, die von Lernbegleitern organisisert werden. Der wichtigste Unterschied zu konventionellen Lernformen ist das eigenständige Lernen in Gruppen, die regelmäßig altersübergreifend sind. In diesen lernen Kinder selbstständig und voneinander.

Oft werden Schaubilder erstellt, die im Prozess des Lernens entstehen und all das abbbilden, was eine Gruppe zu einem Thema erarbeitet hat. Diese Inhalte der Schaubilder werden dann an andere Lerngruppen weitergegeben, meist verpackt in eine emotional verankernde Erzählung, und können von dieser Gruppe weiterentwickelt werden. So entsteht eine kindgerechte Lernbibliotek, die in der modernen Form per Video festgehalten wird.

Kinder und Jugendliche erwerben beim Laising auch zusätzliche soziale Kompetenzen durch Mitverantwortung in der Organisation und Gestaltung des Schulalltags, etwa auch bei der Reinigung, dem Bauen, Gärtnern und Kochen.

Dieter Graf-Neureiter sagt dazu: “Als Kleinkind verfügen wir über eine geniale Fähigkeit, die Fähigkeit ganz natürlich zu lernen und zu leben. So wundern wir uns, wenn unsere Kinder alle 196 Pokemon Karten auswendig kennen und wissen oder ganze Filme Wort für Wort nachsprechen. All dies ist möglich, weil Kinder ganz natürlich und ursprünglich lernen.


Laising aktiviert und entwickelt zwei grundlegend im Menschen angelegte Möglichkeiten des Lernens und Lebens: das natürliche Erforschen, Lernen und Entwickeln und das native Lernen von Mensch zu Mensch. Beide Möglichkeiten des Lernens sind wesentlich für die Entwicklung und das Reifen des Kindes, aber natürlich auch für den erwachsenen Menschen (…) vor allem aber schafft Laising, was wir uns so sehr wünschen: fasziniert und begeisternd lernende, glückliche Kinder. (…)


Laising ist nun die Möglichkeit, welche uns dieses “natürlich ursprüngliche” Lernen (s. weiteren Artikel) erhält bzw. wieder beibringt, oder anders gesagt, die uns an das natürliche, ursprüngliche Lernen erinnern lässt. Raum geben, nachforschen und nachspüren und gelebte Ganzheit sind die wesentlichen Faktoren des “natürlichen ursprünglichen Lernens”. (…)

Das native Lernen von Mensch zu Mensch, die zweite im Menschen angelegte “Lernfähigkeit”, lässt das Kind sein alltägliches menschliches Umfeld voller Staunen erkunden. Das Kind entwickelt dieses unbedingte “vom Menschen wissen Wollen”, hört dem Menschen intensiv zu und lernt dabei nicht nur leicht und fasziniert, sondern auch ungemein schnell. Sehr gut zu beobachten ist diese Fähigkeit des Lernens bei Kleinkindern beim Erlernen der Muttersprache von seiner Mutter (oder einer Zweitsprache in deren Ursprungsland)” (2).


Auch das soziale Lernen wird am Besten am Vorbild gelernt. Deswegen werden die Lerngruppen regelmäßig altersgemischt zusammengestellt. Dabei wird immer eine Entwicklungsstufe übersprungen, weil die nächste Entwicklungsstufe noch zu nahe an der vorherigen liegt und der Respekt vor dem Älteren deswegen nicht sicher ausgebildet ist,


In der Lais-Schule wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch Wissen in sich trägt und von Natur aus voller Neugierde seinen Interessen nachgeht, forscht und lernt. Auch Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die das derzeitige Regelschulsystem bereits durchlaufen haben, können natürliches Lernen wieder entdecken und anwenden. Bei Lais steht der Mensch im Mittelpunkt – Methoden und pädagogische Konzepte sehen wir als hilfreiche Unterstützung. Der Mensch wird ganzheitlich – mit Körper, Geist und Seele – und in seiner Einzigartigkeit wahrgenommen, angenommen und begleitet.

Vor allem ist die Verbindung von Beziehung, Raum und Struktur für das Lernen wichtig. Oft scheinen uns Beziehung, Raum und Struktur nicht vereinbar. Doch genau darum geht es, diese zu vereinen. Struktur steht hier für eine natürliche Gesetzlichkeit, die allgegenwärtig ist. Sie fällt uns erst auf, wenn wir näher hinsehen. Dann erkennen wir, dass vieles nach gleichmäßigen Zyklen abläuft oder vieles nach gleichen Gesetzmäßigkeiten wächst. Dies gilt auch für das heranwachsende Kind. Beobachtet man Kinder beim Lernen, sind die Strukturen gut erkennbar.


Wird diese Struktur mit Beziehung erfüllt, einer Beziehung, die nicht hierarchisch, sondern natürlich respektvoll ist, entsteht dieser Raum für „natürliches Lernen“ (Anmerkung: Beziehung ist im weitesten Sinne auch der Bezug zu Sitten und Gebräuchen sowie Kultur und Spiritualität/Religiosität).


Jedes Kind, jeder Jugendliche, jeder Erwachsene erhält in den Räumlichkeiten seinen eigenen Start- und Rückzugsbereich, der von allen respektiert wird. Ein großer Teil der Raum-Inhalte sowie des Raum-Designs werden gemeinsam von Kindern, Jugendlichen und Lernbegleitern geplant und umgesetzt. Somit lernen die Kinder und Jugendlichen häufig in Projekten, beim Konstruieren, Bauen, Kochen, Gärtnern, kreativen Gestalten, oder genießen die Stille im eigenen Rückzugsbereich.


Die Gestaltung des Umfeldes erfolgt mit Einbezug von geomantischen Prinzipien – Element Erde (Holz, Pflanzen, Steine), Elemente Feuer, Luft und Wasser (durch Farben, Brunnen, Licht, Textilien, Kunstwerke). Die Räume im Gebäude erhalten so ihr eigenes Ambiente und ihren eigenen Charakter und es entsteht eine Atmosphäre des Wohl-Fühlens.


Herrscht keine Verbindung dieser drei Elemente, reißt das natürliche Lernen sofort ab. (1)


In diesem Umfeld geschieht Lernen in der Praxis mit Lernbegleitern, deren Aufgabe es ist, die Kinder dergestalt zu begleiten, dass sie mit ihrem selbstgewählten Thema so lange im Lernfluss bleiben bis sie mit dem Thema eine altersgemäße Tiefe oder darüber hinaus erreicht haben. In dieser Zeit wird kein anderes Thema zugelassen (episodisches Lernen). Sie sorgen emotional für sie und achten auf ein soziales, friedvolles Miteinander. Und sie liefern den Kindern alles an Material und Informationsmedien, was sie für das Thema benötigen, in manchen praktischen Fällen besuchen sie auch Experten dazu.

in dieser Atmosphäre entsteht Lernen und Wissensakquise in kleinen, oft altersgemischte Gruppen in folgenden Schritten:


  1. Angstfreiheit gewährleisten (Z.B. Bejahung, keine Benotung im Schuljahr, nur freiwillige Hausaufgaben)

  2. Schüren von Lust auf Lernen (Neugierde beginnt mit einer Frage: "Was ist ...?" oder "Wie geht ...?"und der Bestimmung von klaren Abläufen/Reihenfolgen. Das liebt unser Gehirn, weil es so am einfachsten und energiesparensten lernen, behalten und reproduzieren kann.)

  3. Lernfreude erhalten (keine Bewertung der Antwort, kein Richtig oder Falsch, es wird so lange hinterfragt, bis ein gemeinsames Ergebnis vorgelegt werden kann)

  4. Faszination erhalten (in Gemeinschaft lernen und gemeinsam alles über ein Thema wissen wollen)

  5. Kreativität wecken (den Sinn entdecken, Forschergeist wecken, Querverbindungen fächerübergreifend erkennen, Wissen vernetzen, etwas Bleibendes schaffen)

  6. Wissen weitergeben wollen (das Erlebnis, etwas für Andere, die Gemeinschaft tun zu können, freiwillige Mehrleistung zu erbringen, die ankommt)

Unterstützt wird dies durch einen steten Wechsel der benutzten Gehirnbereichen, indem regelmäßig Spielpausen eingeführt werden sowie andere Tätigkeiten wie Haushalt, Sport, künstlerisches Arbeiten und das Erleben von Natur. Zudem bemühte man sich an den Nachmittagen um handwerkliche und musische Angebote bzw. Besuche bei Fachleuten und Experten.


Leider sind die Versuche von Dieter-Graf-Neureiter und seinen Kollegen, eine eigenständige experimentelle Schule in Klagenfurt dauerhaft zu etablieren, an finanziellen Engpässen, Differenzen in der Führung und behördlichen Hürden gescheitert.


Ähnliche Vorgänge haben auch in Deutschland zum Scheitern bisheriger Versuche geführt, wobei hier die behördlichen Interventionen die wesentliche Rolle gespielt haben. An einigen Regelschulen in Österreich wird es jedoch weiterhin praktiziert. Im Schuljahr 2015/2016 gab es mehr als 10 Lais-Schulen bzw. Lais-Lerngruppen, ebenso wie vier Lais-Versuchsgruppen in Regelschulen.


Ein sehr aufschlussreicher Einstieg in Laising ist das unter (1) angegebene Interview. Tiefergehende, umfangreiche Informationen zum Stand der Entwicklung und Praxis liefern die YouTube Filme über den 2. Lais-Kongress im Jahr 2017.


Persönliches Fazit: Das zweimalige Scheitern der Lais-Schule in Klagenfurt zeigt, dass es nicht trivial ist, die Erfahrungen und Strukturen von Schetinin unter realen Bedingungen in eine Schule in Europa umzusetzen. Den letzten Versuch in Klagenfurt habe ich 2017-2018 als Praktikant miterlebt und war begeistert von den freudig lernenden, frei und selbstbewusst agierenden, engagierten und sozial gefestigten Kindern, die ich dort erlebte. Auch das Lernkonzept war in Theorie und Praxis überzeugend und das aufgebaute Lernfeld mitreißend, energetisierend und Kreativität fördernd.


Das immer noch manchmal durchblitzende, experimentelle Chaos wurde von den Kindern gut toleriert und die auftretenden Lücken meist selbständig gefüllt.


Vom alternativen Lern-Konzept und der vegetarischen Bio-Küche abgesehen, waren die Strukturen im Grunde nicht ungewöhnlich und dem allgemeinen Leben und den landläufigen Sitten und Gebräuchen angepasst. Eine religiöse oder anderweitig spirituelle Ausrichtung war nicht erkennbar. Auch die sogenannte Wissensosmose wurde (noch?) nicht genutzt.


Da Erfolg gewöhnlich in Zahlen gemessen wird, hier nun Fakten. Ich durfte die Jugendlichen aus der Abiturklasse zeitweilig als stiller Beobahter in ihrem Lernen begleiten. Sie haben z.B. nach einer konzentrierten gemeinsamen Vorbereitung von 14 Tagen die Externistenprüfung in Geschichte in Masse mit der Note 1 und nicht unter der Note 2 abgeschlossen.

Ein Wunder? Nein, eigentlich ganz natürlich. Auch ich hatte in meinem Ingenieurstudium oft nur 14 Tage Zeit für eine Fachklausur. Meine Gesamtnote im Abitur war 3, wobei mich das natürlich gelernte Deutsch und das nativ gelernte Englisch - in einem 4 Wochen Aufenthalt in Schottland von Note 4 auf Note 2; davon profitiere ich heute noch - vor einer schlechteren Note bewahrt hat. Ich bin dann trotz einer 3 in Mathematik und Physik in ein Ingenieur-Studium gegangen. Endlich konnte ich frei, selbstbestimmt und fasziniert lernen. Das Ergebnis: Gesamtnote 1,7.


Die oben genannte Erfahrung hat mich veranlasst, noch während des Praktikums die Jonathan.Academy zu gründen und aufzubauen. Der 2019 wegbrechende Support infolge der Schließung der Schule war auch für den Aufbau der Academy ein herber Verlust. Inzwischen ist die Jonathan.Academy breiter aufgestellt und geht über Laising deutlich hinaus.



Quellen:

(1) Laising: Die Schule für natürliches Lernen, Sein-Redakteur Oliver Bartsch im Interview mit dem Laising-Gründer Dieter Graf-Neureiter, 16. September 2015


(2). Stangl, W. (2020). Stichwort: 'Laising'. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.



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